Kulturfahrt 2022

Völkerverständigung wichtiger denn je

Herbstfahrt ins Fersental/Bersntol

von Jakob Oßner

Begleitet von den beiden Sprach- und Geschichtsforschern und Kennern des Fersentals,  Prof. Dr. Anthony Rowley und Prof. Dr. Dr. Reinhard Heydenreuter, brach eine dreißigköpfige Reisegruppe mit Teilnehmern aus Velden, Landshut und München, zu einer viertägigen Kulturfahrt auf. Geplante Stationen der Fahrt: Pergine, St. Orsola, Florutz, Palai und Trient.
     Bei strahlendem Sonnenschein ging es zunächst nach Innsbruck, wo die österreichische  Sprachwissenschaftlerin Dr. Karin Heller dem Vorsitzenden des Kuratoriums Jakob Oßner Kopien des ersten Teils der Zimbrischen Spruchweisheiten aus der Bibliothek des Ferdinandeums von Giuliano Vescovi überreichte. Der zweite Teil der Sprichwörter gilt als verschollen. Geführt von Karin Heller, Besuch einer Ausstellung im Volkskundemuseum, wo bereits Vieles über die Geschichte des Fersentales zu erfahren war.
     Alle Teilnehmer der Herbstfahrt 2022 waren sich einig: In Kenntnis der Geschichte Europas, in einer hochentwickelten Zivilisation bei gutem allgemeinen Bildungsstand der Menschheit, dürften keine Kriege mehr stattfinden – eigentlich! Der Krieg in der Ukraine beweist jedoch das Gegenteil.
     Umso größere Bedeutung gewinnen in diesen schwierigen Zeiten die vielen Gemeindepartnerschaften Oberitaliens mit bayerischen Gemeinden, wie sie u. a. auch Palai/Fersental mit Laibach/Cham pflegt. Diese Partnerschaften sind Keimzellen für das gemeinsame Haus Europas. „Dokumentationszentren wie das in Palai erfüllen den Bildungsauftrag voll umfänglich, und Völkerverständigung ist jetzt wichtiger denn je“ – betonte Jakob Oßner bei der Ankunft in Palai. Dem stimmte Leo Toller, Leiter des sehenswerten Palaier (Palu) Dokumentationszentrums nachdrücklich zu.  Beide Männer mahnten, dass gerade die Kenntnis der gemeinsamen Geschichte die Völker Europas zusammenführen sollte.
     Im Dokumentationszentrum Palai erkärte Leo Toller der Reisegruppe, dass nicht nur die Fersentaler Sprache (Bersntolerisch) vom Bairischen her stammt, sondern auch die Geschichte des Fersentales. Infolge des demografischen Anstieges in Mitteleuropa ab dem 11. Jahrhundert gab es eine starke Zuwanderung aus den übervölkerten und damit ärmeren südgermanischen Regionen, überwiegend aus Bayern. Da die Talgebiete schon belegt waren, mussten sie in die höher gelegenen Lagen und diese auch vom Wald roden. Es existieren Dokumente über die Herkunft der Familien, die sich in Persen, Oachlait, Garait und Vlarötz niederließen und sich zu einer Gemeinde zusammenschlossen, so Leo Toller.
   Landwirtschaft war überwiegend vorhanden, aber vor allem der Bergbau mit dem Abbau von Kupfer, Silber, Eisen, Blei und später Fluor lockte noch im 15. und 16. Jahrhundert  Bergleute und Unternehmer ins Fersental. Danach, ab dem 18. Jahrhundert, war es in erster Linie der Wanderhandel, der viele Bauern in den Wintermonaten in Kramer verwandelte. Diese zogen in weit entfernt gelegene Gebiete von Haus zu Haus und boten Waren wie Glasmalerei, Stoffe und Kurzwaren feil.
      Die Besichtigung mit Führung auf der Burg Persen (Pergine) als Zentrum der Tiroler Grafen war ein Höhepunkt der Reise, nicht zuletzt, da hier im herzoglichen Rittersaal das vorbestellte Mittagsmahl bei köstlichem Tiroler Rotwein besonders mundete.    
     Sowohl auf der Hin- als auch auf der Rückreise sprachen die Wissenschaftler Rowley und Heydenreuter ausführlich und lebhaft über die Sprache und Geschichte der baierischen Sprachinseln in Oberitalien und krönten mit ihrem Wissen eine ausge-sprochen interessante Fahrt. Nicht unerwähnt bleiben soll die beeindruckende Führung durch die Stadt Trient vor der Rückfahrt in heimatliche Gefilde.

Reise-Video von Dr. Josef Schult

Gedichteter Reisebericht von Dr. Josef Schult

Längst ist bekannt, daß Jakob`s Reisen
sich nicht mehr brauchen zu beweisen

Wenn wir dann zu den Cimbern fahren
dann  gibt`s a Hetz und schon seit Jahren

wie er das macht ist Sensation,
sein guter Ruf eilt ihm davon

Mit Heydenreuter ist die Reise
ein Schmankerl von besond`rer Weise

Erst sein professoraler Blick
erklärt das cimbrische Geschick
und schenkt uns jedesmal das Glück

den „Mensch mit Herkunft“ zu verstehen,
Vergangenheit lebendig sehen

Innsbruck, erste Station,
mit Volkskunst imponiert uns schon,

die Hofkirch` immer interessant,
der Kenotaph ist weltbekannt,

auch Lucas Cranach`s Madonna ist
ein Highlight, das man nicht vergisst

Das Fersental, ganz nah Trient
Ist unser Ziel, das keiner kennt

Professor Rowley hat entdeckt
wie man hier spricht im Dialekt

Er ist ein echter Baiern-Fan,
zeigt wissenschaftlich was er can

Was Bayern nicht zustande bringen,
er lässt den Dialekt erklingen.

Mit Heydenreuter noch dazu
entsteht ein Duo, das im Nu

die Busfahrt interessant verkürzt
mit Wissenswertem reichlich würzt

Erklärung zweier Professoren
begeistert`s Hirn, füllt uns die Ohren,

Geschichte lebt erfreulich auf
mit Wissenschaft bei uns zuhauf

Das ist der Charme der Cimbernreisen,
Bildung und Spaß, auch bei den Greisen

Leo Toller`s Museumswelt
von Sprachentwicklung viel erzählt

In Palai ein schöner Bau
macht über`s „Berntol`sche“ ganz schlau

Wer Sprachentwicklung mal studiert,
  hier zeigt man, was interessiert

Bei frischer Stimm` und dazu -mung,
mit Bradl`s gab`s den rechten Schwung

Burg Pergine, ein Höhepunkt
prächtig über der Gegend prunkt

Ein fürstlich Mahl verwöhnt uns alle
im schön gedeckten Rittersaale

Levico Therme schließt sich an
wo man Siesta halten kann

im herrlichsten Spätsommerlicht,
der ganze Tag ist ein Gedicht

Am letzten Tag geht`s nach Trient
das vom Konzil her jeder kennt

Mit Buon Consiglio beginnt die Tour,
Palazzi gibt`s viel schöne, nur

hat manches man sanieren müssen
nach Weltkriegsbomben und den Schüssen

Schon Dante hat`s vorhergesagt,
das Höllentor hierher „verlagt“.

Doch weiter ging es himmelwärts
zu Zeni, wo uns nicht zum Scherz

lukullisch volle Freud`erwartet,
ein „pranzo grande“ für uns startet

Und wie sie schmausen, weil es schmeckt
bis Jedes sich den Mund ausschleckt

Bei Zeni essen immer ist
Genuss, den man nicht gleich vergisst

Und wenn er mit der „Ziach“ aufspielt,
man sich im siebten Himmel fühlt.

Er animiert die Cimbern alle
zu himmeljauchzendem Freudenschalle,

der Höhepunkt kein Ende nimmt
bis schließlich doch der Abschied kimmt

Zuletzt wird Jakob noch geadelt
im Bus, der langsam heimwärts radelt

In schön „gecimbertem“ Gesicht
das Ehr` und Lob und Dank ausspricht

Begleitet von zwei Koryphäen
war`n wir befähigt, viel zu sehen
und mehr davon auch zu verstehen

Jetzt konstatiert man ohne Frage:
wir hatten wunderschöne Tage

Vom Lebensglück `ne volle Kanne
genoss der Jupp mit seiner Anne